Nicht erst löschen, wenn es brennt! Was passiert in unserem Gehirn bei Stress?

Schwangere beim Pilates am Strand (© chupacabra – stock.adobe.com)

Nicht erst löschen, wenn es brennt! Was passiert im Gehirn bei Stress? 

Lieber Mensch, liebe Leserin, lieber Leser,

was haben Stress, Unruhe, Sorgen, Ängste, Panikattacken, Schmerzen oder Schlafstörungen mit deinem Gehirn zu tun? Und wieso ist eine gute Selbstregulation so wichtig?!

Weißt du wie du dich jetzt gerade wirklich fühlst? Wie ist dein Kontakt zu deinem Körper, zu deinen Emotionen, zu deinen Gedanken? Wie gut fühlst du dich reguliert? Selbstregulation mein absoultes Herzensthema! Übungen, die die Selbstregulationsfähigkeit erhöhen, bringen dir ganzheitliche Gesundheit – nicht nur in Krisenzeiten.

Damit du dich selbst im Alltag gut selbst regulieren kannst, teile ich hier einige Hintergrundinformationen mit dir:

  1. Was genau geschieht im Gehirn bei Stress / hohem Aktivierungslevel?
  2. Was hat das Ganze mit einer frühen Prägung in der Kindheit zu tun?
  3. Und vor allem was kannst du für dich (und somit auch für die dich umgebenden Menschen) tun, um von einem hohen Aktivierungslevel (Stress, Anspannung) wieder in eine gute Balance zu kommen.

Wenn du dich jetzt einmal wahrnimmst, einfach mal nachspürst wie es dir jetzt gerade geht (auf einer Skala von 0-10): Wie viel Spannung hast du gerade in dir? Wie hoch ist dein Aktivierungslevel/dein Stresslevel jetzt gerade?

Wenn du magst, dann notier dir die Zahl einfach für dich, so kannst du sie später als Abgleich nutzen.

Sollte deine Stresslevel jetzt gerade höher als 7 sein, dann empfehle ich dir zu allererst diese Übungen hier einmal durchzumachen. Da dein Gehirn sonst gar nicht die Möglichkeit hat, die Informationen aus diesem Artikel aufzunehmen.

Was passiert nun eigentlich in deinem Gehirn bei Stressmomenten?

Du hast (wie wir alle) verschiedene Bereiche in deinem Gehirn, die unterschiedlich alt sind und verschiedene Aufgaben erfüllen.

Zum einen ist da das Stammhirn, es ist der älteste Teil unseres Gehirns. Im Stammhirn sind alle Überlebensinstinkte angesiedelt. Instinkte (Aggressio + Libido) sind das, das nicht erst erlernt werden muss. Sie sind angeboren, in den Zellen tief verankert und sind immer darauf ausgerichtet das Überleben zu sichern.

Das Baby, das sofort bei der Geburt weiß, wo es bei der Mutter an der Brust Nahrung findet. Genauso auch wie die Reaktionen von Fight, Flight, Freeze oder auf Deutsch Kampf, Flucht, Starre, wenn du dich in realer oder gefühlter Gefahr befindest. All diese Mechanismen sichern dein Überleben.

Zum anderen gibt es das sogenannte Limbische System. Dort sind alle Emotionen zu Hause. Außerdem ist dort der Hippocampus, dieser ist in der Lage, Signale emotional zu bewerten. Das heißt, wenn ein Reiz von außen kommt, du dich zum Beispiel erschrickst, dann macht der Hippocampus den Check der Lage. Was ist genau los? Kennst du dieses Signal (die potenzielle Gefahr), er macht sozusagen eine Sicherheitslagebewertung. Je nach Einschätzung schickt er dann diese Info an die Amygdala (Mandelkern). Die Amygdala ist dann wiederum dafür zuständig alles was nötig ist einzuleiten.

Sendet der Hippocampus also z.B. die Info von „Hey Amygdala, Alarmstufe 3“, dann sieht die Reaktion bei der Amygdala deutlich anders, als wenn die Info „Alarmstufe 9“ ankommt.

Je nach Alarmstufe fährt die Amygdala (der Mandelkern) nun ihre Geschütze hoch. Nebennieren schütten Adrenalin aus, Muskelspannung erhöht sich, Sinnesorgane (Augen/Ohren) richten ihre volle Aufmerksamkeit aus. Hält die (potenzielle) Gefahr an, wird nach dem Adrenalin dann Cortisol ausgeschüttet.

Und dann:

Dann ist da noch der Neocortex (der jüngste Teil unseres Gehirns). Im Neocortex, vor allem im Frontallappen, sind alle kognitiven Abläufe gespeichert. Die Fähigkeiten, rationale Möglichkeiten einzuschätzen und Umgang mit bestimmten Situationen abzuwägen, etc.

Ein Beispiel:

Einkaufen lange vor Corona und in einer guten Gesamt-Entspannung

Du bist recht entspannt (Aktivierungslevel bei z.B. 2), dann wirst du bei einem kleinen Gedrängel im Supermarkt vielleicht kurz den Rempler spüren, ein kurzes Aufmucken der Emotionen und recht schnell über den Neocortex (Verständnis, Mitgefühl, Erkennen) einlenken können „Ach war ja nicht so schlimm – ich entspann mich wieder – es ist ja alles gut.“

Einkaufen mit Corona und einer insgesamt bereits erhöhten Aktivierung /Stress

Bist du nun durch Corona, die Ängste, Sorgen aber auch einfach durch die Auflagen, bereits in einer höheren Anspannung (Aktivierungslevel bei z.B. 7), dann wird dir bereits bei einer gewissen Menschenmenge eng und ungemütlich. Emotionen (Limbisches System) köcheln schon etwas vor sich hin, wenn dann noch jemand wirklich rempelt, dann setzt der Neocortex aus und es kommt zu einer direkten Reaktion aus dem Limbischen System. Wutausbruch in Worten oder gar Taten.

Ist das Aktivierungslevel bereits vorher noch mehr erhöht, dann kann es auch sein, dass das limbische System aussetzt. Kein Spüren mehr. Und somit dein Verhalten nur noch die Überlebensimpulse aus dem Stammhirn gesteuert wird.

So ist auch eine Schockstarre eine Überlebensstrategie, wenn das Nervensystem entscheidet, dass Fight (Kampf) und Flight (Flucht) nicht erfolgsversprechend erscheinen.

All diese Vorgänge passieren nun natürlich ständig und in Bruchteilen von Sekunden. Und vor allem liegen sie außerhalb unseres bewussten Kontrollbereichs.

In Stresssituationen wird nun von den Nebennieren Adrenalin ausgeschüttet. Hält dieser Stressfaktor jedoch an, wird Cortisol ausgeschüttet. Adrenalin baut sich, wenn kein weiterer Gefahrreiz kommt, innerhalb von 7-10 Minuten wieder ab. Im Gegensatz zum Adrenalin, braucht Cortisol dafür deutlich länger. Um Cortisol gut abbauen zu können, braucht der Körper eine Pause von mindestens 24 Stunden ohne einen neuen Gefahrreiz. Erst dann werden Ressourcen frei, die dein Immunsystem benötigt, um sich fit zu halten, um Zell- und Bindegewebsreparatur stattfinden zu lassen.

Meine wunderbare Kollegin Kati Bohnet hat in einem ihrer Videos das Handmodell von Daniel Siegel, welches genau diese Vorgänge im Gehirn erklärt, ganz einfach und klar dargestellt. Schau dir hier gerne mal das Video an.

Verschiedene Menschen mit unterschiedlichen Bewältigungsstrategien – Ursprünge in der Kindheit

Welcher Typ bist du? Welches Erregungslevel hast du als Grund-Level? Hast du in der Regel ein sehr ausgeglichenes Nervensystem und kommst nur selten in Stress?

Oder ist dein Nervensystem eher sehr leicht erregbar und jeder kleinste äußere Reiz, bringt dich aus der Bahn?

Vielleicht kennst du es auch, dass du in Alarmzeiten wirklich gut funktionierst. So lange du arbeitest und im aktiven Tun bist, läuft alles rund. Doch in den Pausen, am Wochenende oder im Urlaub, da wirst du krank oder bist völlig platt und nichts geht mehr.

Je nach Krisenbewältigungsstrategie kann es also sein, dass du in der Krise entweder in der Überforderung bist, zu viel fühlen, oder gar in die Schockstarre kommst. Oder aber in der Alarmzeit gut funktionierst, dies entspricht sozusagen einem Schock bzw. Überforderung des Nervensystems, so dass es in den Funktionsmodus schaltet. Am Wochenende kommt das Nervensystem dann wieder etwas mehr ins Fühlen, so dass Symptome dann durchaus spürbarer und unangenehmer sein können.

Was hat das ganze nun mit deiner Kindheit zu tun?

In der Zeit zwischen Zeugung und ca. 7. Lebensjahr findet die (Ursprungs-)Prägung des Menschen statt. In der Zeit erlebst und erfährst du bestimmte Ereignisse und entwickelst deine eigenen Bewältigungsstrategien.

Hattest du in deiner Kindheit Eltern (Großeltern, ErzieherInnen, etc.) um dich herum, die selbst sehr gut reguliert waren, so konntest du automatisch durch diese nahen Bezugspersonen gut co-reguliert werden.

Waren jedoch Mama und Papa (und andere nahe Bezugspersonen) selbst nicht gut reguliert, waren sie in (unbewusster) Daueralarmbereitschaft, dann fand auch für dich keine ausreichende Co-Regulation statt.

Dementsprechend hat sich dein Nervensystem ausgebildet, angepasst und Strategien für den Umgang mit realen und gefühlten Gefahren entwickelt.

 

Was kannst du heute also tun, um dich selbst gut zu regulieren?

Nun bist du ein erwachsener Mensch, der noch immer mit der Zellprogrammierung des eigenen Inneren Kindes lebt. Die Ursprungsprogrammierung ist vielleicht nicht zu ändern. Jedoch kannst du durch regelmäßige Übungen deine Selbstregulationsfähigkeit ausbauen und verbessern.

Selbstregulation findet in den Pausen statt. Wenn du dich jetzt einmal selbst ehrlich fragst: Wie geht es dir, wenn du frei hast? Feierabend, Wochenende, Urlaub? Wie sehen diese Zeiten dann aus? Bist du häufig krank? In freien Zeiten dann platt und k.o. oder sind sie gespickt voll Ablenkungen durch Medien/Verabredungen/Genussmittel?

Was geschieht in dir, wenn es still wird?

Damit du wirklich gut regulieren kannst, braucht es Pausen. Damit diese Pausen nicht einem Breakdown gleichen, sondern eine tatsächliche Selbstregulation stattfinden kann, ist es hilfreich und ratsam diese Selbstregulationsfähigkeit regelmäßig zu üben.

Übungen zur täglichen Selbstregulation und in Akut-Momenten

Die Übungen zur Selbstregulation (oder auch Stressregulation) führst du am besten täglich durch. So kann sich dein Nervensystem über den Tag verteilt mehrfach regulieren. Wie wäre es z.B. es ergänzend zum Zähneputzen morgens und abends mit einzubauen.

So kannst du gestärkt und gut reguliert in den Tag starten und am Abend entspannt einschlafen.

Je häufiger du die Übungen machst, desto tiefer wirken sie in deinen Zellen. Sollte es dann Akutsituationen geben, weiß dein Inneres ganz schnell (klares Denken ist da ja meist nicht mehr möglich) „Ah, ja, da war ja was, ich mach mal die Übung xy.“

So hast du bei Stress, Ängsten, Sorgen, Panikattacken und Schmerzmomenten immer deine eigene Emotionale Erste Hilfe mit dabei!

 

Welche Übungen kannst du für deine Selbst- und Stressregulation tun?

Auf meiner Website im Blog und auf meinem YouTube Kanal (Praxis Annarobic) findest du einige Videos mit verschiedenen Übungen, die dir und deiner Regulierung helfen können.

Außerdem findest du die gesamte Übungsabfolge von meiner zauberhaften Kollegin Kati Bohnet von Helper’s Circle „Emotionale Erste Hilfe“ auch als Mitmach-Video für Erwachsene und Kinder auf ihrer Website.

Was immer dir  gut tut und dein Nervensystem (wieder) in Entspannung bringt, ist gut. Ergänzend zu den Übungen: Spaziergänge in der Natur, tiefes Atmen im Wald, Singen, Tanzen, sanfte Bewegung an der frischen Luft, all das kann förderlich sein, um dein Nervensystem wieder zu regulieren.

Für mich sind die Übungen aus meinen und Katis Videos aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Ich mache sie täglich, und ich genieße jeden Moment in der Natur. Am liebsten im Wald, aber auch der kurze Spaziergang durch den Park reguliert mich immer wieder wunderbar. Meine morgendliche Meditation gehört ebenso täglich dazu.

Und ja, klar. Es gibt Tage da klappt das nicht alles auf einmal. Das muss es auch gar nicht. Wenn du aber die Übungen hier und da immer mal wieder machst, dann kannst du sie dir gut merken. So fällt dir mindestens eine Übungen für zwischendurch ein. Da braucht es dann wirklich nur 1-5 Minuten und du kannst dich wieder regulieren.

Glaub mir – es lohnt sich!

 

Was tun bei anhaltenden Symptomen?

Die Übungen dienen dir als Unterstützung und Begleitung. Solltest du anhaltende Symptome haben, dann suche dir bitte ärztliche und/oder therapeutische Unterstützung. Die Übungen ersetzen keine medizinische Behandlung und Therapie!

Deine gute Selbstregulation hilft auch den Anderen!

Wenn du nun gut reguliert bist, dann wirkt sich das auch auf die Menschen um dich herum aus. Insbesondere auf die Menschen, mit denen du zusammen lebst oder arbeitest. Also die, mit denen du viel Zeit verbringst, deine Kinder, PartnerIn, KollegInnen – sogar Haustiere. Aber durchaus auch auf die Menschen, die dir im Alltag hier und da begegnen, beim Einkaufen oder an anderen Orten.

Tu dir selbst Gutes – zum Besten aller Wesen!

Ich wünsche dir bestmögliche Selbstregulierung. Wenn du magst, erzähl doch mal wie es dir mit den Übungen ergeht. Welche Übung wird vielleicht deine neue Lieblingsübung? Ich freu mich auf deine Nachricht.

Von Herzen ❤
Anna

Ich unterstütze dich auf deinem Weg. Wenn du alte Muster lösen möchtest, um (noch) mehr in Deine Kraft und Lebendigkeit zu kommen, dann melde dich?! Gerne finde ich einen zeitlich passenden Termin für Dich!

Heilpraktikerin Anna F. Rohrbeck

Gerne weitersagen!